Anleitung zum Welpenbad

Man nehme mindesten fünf Welpen, noch besser sind sieben. Es ist von Vorteil, wenn die Welpen von mittelgrossen bis grossen Rassen stammen. Auch dürfen es keinesfalls solche sein, die von unverantwortlichen Vermehrern in die Welt verstreut werden. Je mehr Liebe, Sorgfalt und Fürsorglichkeit in die Begleitung der Hündin zur Zeit der Trächtigkeit, der Geburt und in der vegetativen Phase geflossen sind, desto wirkungsvoller das Bad.
In der frühen neonatalen Phase, d.h. solange die Welpen die Augen geschlossen haben und die Ohren auch, ist die Voraussetzung für ein wirksames Welpenbad noch nicht gegeben. Der beste Zeitpunkt ist die Übergangsphase, wenn ihre Augen langsam wie Blüten aufgehen. Da die Welpen dann immer noch viel schlafen, die Mutterhündin aber die Wurfkiste bereits für längere Dauer verlässt, findet man in dieser Zeit ideale Voraussetzungen vor. Es empfiehlt sich, das Bad am Morgen zu nehmen, wenn der Geist durch den Schlaf und die Träume gereinigt, noch eine gewisse Offenheit dem Leben gegenüber einzunehmen vermag. Menschen, die den Morgen gerne mit einer Dusche beginnen, sollten sich das Welpenbad vor der Dusche genehmigen. Falls gerade ein heller Sommermorgen ist, wäre es gut, den Raum noch abgedunkelt zu lassen, denn alles Grelle übt einen störende Wirkung aus und alles Zwielichtige, Dämmrige, Verschummerte und Schlummernde wirkt unterstützend.
Ganz leise schleiche man sich in das Welpenzimmer zur Wurfkiste. Ein stark gebückter Gang oder besser ein Gang auf allen Vieren, hilft beim Eintritt ins Bad ungemein. Die Öffnung der Wurfkiste, falls sie so gestaltet ist, dass sie sich leichterhand öffnen lässt, kann mit etwas Geschick beim Hinzuschleichen aufgeschoben werden. Danach stecke man langsam den Kopf mit erhobenem Blick in die Wurfkiste. Man koste den leicht milchigsüssen, mit der rauchigen Herbheit der Ausscheidungen vermischten Welpenduft ausgiebig mit der Nase. Dieser Duft hat über den olfaktorischen Sinneskanal eine stark massierende und deshalb tief und nachhaltig entspannende Wirkung auf das Grosshirn, das bekanntlich bei den meisten Menschenartigen mehr oder weniger neurotisch verkrampft in der Hirnschale hockt. Deshalb ist es auch wichtig, sich zu bemühen, diesen Duft das ganze Bad über im Bewusstsein zu halten. Danach kann man beginnen, mit den Händen vorsichtig zwischen den sanften, warmen und flauschigen Körperwesen hindurch Stellen am Boden zu ertasten, an denen die Handballen wie Säulenwurzeln eine feste Stütze für die eigene Körperschwere finden; das hilft den Oberkörper nochmals so zu neigen, dass man in eine kleine Verbeugung gelangt. Diese Verbeugung ist zwar bescheiden in der äusseren Bewegung, aber bodenlos tief in der inneren Haltung. Statt nun aber die Erde zu küssen, beginne man diese rauchigen, felligen, feinen Körper liebevoll mit den Lippen zu berühren, bis die Nase, der Mund, die Augen, die Ohren, das ganze Gesicht gänzlich in diesem allmählich erwachenden Gewusel baden, das durch das Welpenmeer geht und eine Art Wellengang des Lebens aufrührt.
Dann tauchen sie auf, die Boten der Götter und des Lebens, und beginnen dich zu begrüssen, zu empfangen, zu küssen, reiben ihre süssen, kleinen Körper streichelnd über dein Gesicht, knabbern an deinen Ohrläppchen, trinken deine Tränen des Glücks, ihre winzigen Krallen kratzen dir wahre Risse ins Herz, und der immer kräftiger aufklingende Welpengesang bricht es schliesslich auf wie einen saftigen Apfel. Du kannst nicht mehr aufhören mit Baden und Trinken, das Leben schwemmt wie ein über die Ufer tretender Fluss in dich, und du bist ob all deinem Entzücken in fast schierer Verzweiflung bemüht, ihm einigermassen das Bett zu halten.
Deshalb muss hier auch warnend auf den grossen Suchtdruck hingewiesen werden, den solche Welpenbäder auf den Menschen ausüben können. Das kommt daher, dass es ein gewisses Mass an gewachsenem Bewusstsein erfordert, um diese nackte Naturgewalt von Leben, die einem mit voller Wucht entgegenprallt, auch nur einigermassen auszuhalten. Falls nun bei einem Menschen wegen grob unerledigten Geschichten und Geschäften zuwenig Bewusstseinsstärke vorhanden ist, dann können diese heraussprudelnden Emotionen der Lebendigkeit und Liebe nicht wirklich erlebt werden; eine heftige Sehnsucht entsteht, die sich sirenenhaft wiederholend zu einer starken Sucht ausfressen kann.
Zuletzt sei noch darauf hingewiesen, dass die unglaublich verjüngende Wirkung der Welpenbäder, die einem wahren Jungbrunnen in nichts nachsteht, nach einer gewissen Zeit verfällt. Gerade weil sie dermassen beglückend sind, kann es aber durchaus sein, dass man den rechten Zeitpunkt aufzuhören, verpasst, und dann - von den mit kräftigen Zähnen und Krallen bewaffneten Junghunden regelrecht traktiert - sehr alt aussieht.

2 Comments

  1. Lieber Martin
    Tikaani (der Wolf), er ist mein absoluter Liebling. Seine Töne, die er von sich gibt und das was ich von ihm sehen kann finde ich bezaubernd. Auch sehr willensstark! Und Dein Bad kann ich sehr gut nachvollziehen. Es gleicht einer wunderschönen Liebesnacht. Du beschreibst alles wunderbar aber hast Du nicht Angst davor, dass Du nicht all die schnusigen Hundchen behalten kannst und sie weggeben musst ?

    Die Natur sieht das so vor, sie gehen und andere werden wieder kommen aber bei uns Menschen geht es anders, kein Kind geht, es bleibt. Bist Du so Hund geworden, dass Du gleiches spürst?

    Und meine schlaflose Nacht kann ich mir nun auch erklären. Danke Dir sehr herzlich!
    Liebe Grüsse
    Maya

    1. Liebe Maya,
      Tikaani ist auch mein Liebling, falls ich einen wählen wollt. Ich versuche Safi`s schönes Zitat mir im Bewusstsein zu halten:
      «Wenn die Schönheit einer Blume dein Herz berührt, dann deshalb, weil du die Liebe fühlst, die in ihr Aus­druck findet. Hänge dein Herz nicht an die Blume, die morgen verwelkt; hänge es an die Liebe. Liebe die Blume; pfle­ge und ehre und achte sie; fühle ihr Leben und fühle ihr Sterben; aber hänge dein Herz nicht an sie.»
      Was natürlich nicht so einfach ist, aber bislang gehts, die Hauptprobe ist dann, wenn die ersten Kleinen gehen..
      Ich glaub nicht, dass das bei uns Menschen anders ist als in der Natur, denn schliesslich sind wir ja auch Natur. Wir haben es halt einfach verlernt und vergessen mit der Natur zu gehen. Das ist mein grösstes Anliegen auch mit diesem Blog, dass die Natur wieder unser Meister wird und uns durchs Leben leitet. Satt einseitig nur der Verstand und die Neurose, d.h. der chronische Kontaktverlust zu unseren Gefühlen und Bedürnisen und damit auch zur Intuition. Die Hunde sind meiner Ansicht nach hier die grössten Führer und Gefährten, denn sie sind die Tiere (und damit die Natur), die es geschafft haben, am nahesten dem Menschen zu kommen. Schade nur, werden sie heutzutage dermassen vermenschlicht. Und das ist auch ein Anliegen von mir: die Hunde als Hunde zu sehen und zu respektieren und uns als anders, als Menschen, die näher den Affenartigen sind als den Hundeartigen und deshalb in vielen Belangen ganz anders wahrnehmen und leben. Es ist eher so, wenn ich ganz Mensch werde, dann kann ich den Hund als Hund sehen und mit ihm eine gute Beziehung gestalten.
      Der Vergleich mit einer Liebesnacht war mir selber nicht bewusst, aber er scheint mir sehr stimmig.
      Ganz herzlich

      Martin

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