Postkarte

10.6.98

Liebe Maja

Heute Morgen war ich mit Marietta im Musée Jenisch in Vevey. Es läuft eine Gedächtnisausstellung von Antonio Saura: Peintures, oeuvres sur papier, livres.
Beim Verlassen der Ausstellung entdecken wir im aufliegenden Ordner mit den gesammelten Zeitungsartikeln über die Kritiken zur Ausstellung Goyas Hund, Zier der Vernissagekarte.
Auf unsere Bitte gibt uns der Mann an der Kasse je ein Exemplar gratis. Als ich schon draussen bin, fällt mir ein, dass ich Dir auch eine Karte mit Goyas Hund schicken möchte. Ich gehe erneut hinein und frage den Mann am Schalter, ob ich noch eine Vernissagekarte haben dürfte.
Der Mann schüttelt den Kopf mit einem treuherzigen Ausdruck im Gesicht: Non.
Ich bettle: Mais je paie.
Erneut ein Kopfschütteln mit traurig mich anblickenden, kleinen, schwarzen Augen: Non.
Pourquoi pas? Frage ich zurück, nun selber ganz Goyas Hund.
Irgendwie muss er gespürt haben, dass hinter meiner hartnäckigen Frage und hinter meinen bettelnden Augen, die Zahnreihen auf ihren Einsatz warten, und hinter diesen Zahnreihen wartet das wütende, bissige Monster, geduldig ungeduldig.
Er steht auf und gibt mir mit einer müden, trägen Bewegung auch eine für Dich...

Herzlich

Martin

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