Mit der Zeit kam in ihr der Verdacht auf, dass was ihr scheinbar durch äußere Umstände aufgezwungen war, ihr im Grunde von innen diktiert wurde, denn der Unterschied zwischen Zwang und Wille war manchmal pure Einbildung. Sie wurde gesucht, die Briten suchten sie, aber all diese Details hatten keine Bedeutung. Entscheidend war, dass sie allein in einem Zimmer saß, gefangen und doch absolut frei. Essen und Trinken wurde ihr knapp, aber ausreichend gebracht, und so war sie nie hungrig und nie richtig satt. Stundenlang starrte sie durch die Ritzen, stellte sich vor, dass sie in diesem Zimmer jetzt nicht saß, weil sie gesucht wurde, sondern dass man sie suchte, damit sie in diesem Zimmer sitzen konnte. Dass sie sich hier befand, war das Ziel und der Zweck, während die Umstände, unter denen man sie hierhergebracht hatte, nur das Mittel zum Zweck waren.
Zeruya Shalev Schicksal