Schmerz ist so real

Vor dem Aufkommen der wissenschaftlichen Weltsicht war auch die Realität anders konstruiert. Das Dasein begriff man als Ort einer Handlung, nicht als Ort von Dingen. Es glich damit eher einer Geschichte oder einem Drama.

Es war ein gelebtes Drama, subjektive Erfahrung, wie sie sich von Augenblick zu Augenblick im Bewusstsein des Menschen entrollte. Sie ähnelte den Geschichten und Anekdoten, wie wir sie, meist rückblickend, über unser eigenes Leben erzählen, und hat durchaus etwas Romanhaftes. Die Objektwelt in Form von Bäumen und Wolken kommt zwar vor, aber entscheidend sind die großen Emotionen, Träume und natürlich die existenziellen Eindrücke wie Hunger, Durst und Schmerz. Aus der archaisch-dramatischen Perspektive sind sie die Bausteine des menschlichen Lebens, und sie sind selbst mit unserem materialistischen Verstand kaum objektivierbar.

Nimm zum Beispiel Schmerz, banalen subjektiven Schmerz. Schmerz ist so real, dass sich jede weitere Diskussion erübrigt. Vielleicht ist er sogar so etwas wie die absolute Realität. Er betrifft uns stärker als vieles andere in der materiellen Welt. Vermutlich deshalb gilt Schmerz in vielen Kulturen als unvermeidliche Begleiterscheinung unserer Existenz, als die ultimative Wahrheit unseres Daseins. Subjektive Eindrücke ähneln also mehr einem Roman oder Film als der wissenschaftlichen Beschreibung einer physischen Realität. Das Leben als Drama gelebter Erfahrung. Was ist der tragische Tod des eigenen Vaters im Krankenhaus gegen den Totenschein in seiner Krankenakte?

Ähnlich verhält es sich mit dem Schmerz der ersten Liebe, mit der Verzweiflung über geplatzte Hoffnungen, mit der Freude über die ersten Gehversuche eines Kindes.

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